Das Leben ist nun mal durch Leistungswett­bewerb geprägt

Zurück im Kindergarten von Maja Fries. Das beliebte Spiel „Reise nach Jerusalem“ sorgt dafür, dass Runde um Runde ein enttäuschtes Kind ausscheidet und die letzten Verbliebenen triumphieren. Ein Konkurrenzspiel, das sich einreiht in die zahllosen Wettbewerbe, die im Kindergarten beginnen und in der Schule fortgesetzt werden. Darauf angesprochen entgegnet die Kindergärtnerin: Ja, sie wisse wohl, dass Konkurrenzspiele zu einer Missachtung der Bedürfnisse und Wünsche anderer führten und eine ungerechte Misserfolgszuweisung darstellen. Deshalb habe sie auch schon versucht, als Alternative zur „Reise nach Jerusalem“ die „Reise nach Gruppenhauf“ zu spielen. Auch hier wird in jeder Runde ein Stuhl weggenommen, aber kein Kind scheidet aus, sondern die ganze Schar muss versuchen, auf im­mer weniger Stühle zu klettern bis die ganze Gruppe auf nur drei Stühlen einen Gruppenhaufen bildet. Aber in letzter Zeit werde den kooperativen Spielen von El­tern eine deutliche Skepsis entgegengebracht: Die Kinder müssten doch auch lernen, verlieren zu können, und das Leben sei nun mal durch Leistungswett­bewerb geprägt. Eine Mutter: „Schauen Sie sich unsere 15-jährige Tochter an. Immer geht’s nur um Chillen und Freundschaften. Meinen Sie, die würde einmal im Haushalt Hand anlegen? Ernsthafte Arbeit, auch in der Schule, ein Fremdwort. Das ist auch das Ergebnis der laissez-faire Erziehung im Kinderladen. Doch das Leben ist anders. Ich lebe nur noch für die Arbeit: Kind zum Kindergarten bringen, abholen, alles im Eilschritt, denn 3 Jobs warten, Einkaufen, Haushalt und dann vor Müdigkeit nicht schlafen.“