„Fair Living Wages“
H&M Deutschland: Faire existenzsichernde Löhne, unter diesem Titel hat jetzt H&M sein „Programm für die Verbesserung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Beziehungen“ veröffentlicht. Die Arbeit an „verbesserten Arbeitsbedingungen“ stehe „ganz oben auf unserer Agenda“. Es duzen sich vom Chef bis zum einfachen Mitarbeiter alle. Der Umgangston ist locker, die Atmosphäre in den Modeläden von Hennes & Mauritz soll es auch sein. Musik säuselt aus den Lautsprechern der Shops. Und die smarte H&M-Direktorin für Nachhaltigkeit Helena Helmersson verkündet, man versuche auch, „in Niedriglohn-Ländern die Arbeiter dazu zu ermutigen, für gerechte Bezahlung einzutreten, sich zu organisieren. So, wie wir es in Europa tun, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen.“
Die Hamburger H&M Verkäuferin Veronika Marquard, 27, weiß nicht, ob sie lachen oder weinen soll, als sie dies sieht. Bei H&M gebe es wohl kaum einen Betriebsrat, der nicht massiv drangsaliert, mit Internetsperre bestraft und fristlos gekündigt wurde, wenn er sich für „verbesserte Arbeitsbedingungen“ eingesetzt habe. Mit ihrem Bereitschaftsvertrag komme sie trotz ständiger Bereitschaft oft nur auf 800€ netto im Monat. Sie könne auch keinen anderen Job zusätzlich machen, weil immer der Anruf droht, jetzt solle sie kommen. Weil das oft nur für 3-4 Stunden Arbeit ist und lange Anfahrtswege auch teuer sind, hat sie ein Zimmer in der Innenstadt gemietet. Auf 560€ ist die Miete jetzt gestiegen. Und das Schlimmste sei dabei: Es gebe keinerlei Solidarität unter den Kolleginnen. Jede ist auf mehr Stunden angewiesen als die vertraglich garantierten 10 Stunden. So versuchten nicht wenige, Stunden auf Kosten der anderen zu ergattern. Die Arbeit selbst mache wohl meistens Spaß. Aber lange werde sie das nicht durchhalten. Allein komme sie trotz peinlichster Sparsamkeit schon nicht aus. Aber irgendwann wolle sie ja auch eine Familie gründen und Kinder haben.